Dienstag, 20. März 2012

Das indische Toilettenhaus

Liebe Leser,

wie versprochen gibt es hier ein Bild vom Toilettenhaus mit Plattform.
Wie bereits beschrieben, haben wir die vorher bestehende Wand durchgebrochen, um einen erweiterten Raum zu schaffen.


Wie hier zu sehen ist, gibt es eine Pipe Connection(einen Abfluss) in einen Schacht. Der Schacht besteht aus fünf Zement ringen.. Es kommt ein Deckel drauf, und der Inhalt wird abgeholt.
Links auf dem Bild ist der Klient Shrinivas zu sehen. Diese Toilet House Construction ermöglicht ihm das barrierefreie Nutzen einer Toilette, in Indien ein Umstand der wirklich fast unmöglich ist.









Ich als Projektmanager greife natürlich auch zu Meißel und Hammer und treibe den Bau voran.
Hier sind wir dabei die alte Wand abzureißen.

In Indien feiert man das Neujahrsfest Ende März, und ich werde morgen mit einem Kollegen in ein Dorf fahren, wo wir ganz traditionell Ugadi feiern werden. Kein Strom, kein fließend Wasser, vier Tage Ruhe genießen, ganz nah an der indischen Kultur.
Ich werde erzählen wie es war.

Es grüßt,
Flo aus Indien

Montag, 5. März 2012

Schon mal ein Toilettenhaus gebaut?

Liebe Leser,

nach knapp fünf Wochen möchte ich mich mal wieder bei euch melden und euch auf den aktuellen Stand bringen.
Es passiert hier gerade sehr viel und die Arbeit bockt wirklich sehr. Ich bin also sehr in meine Arbeit vertieft und sitze an vielen spannenden Projekten.
Es ist also mittlerweile warm in Indien. Bei angenehmen 40° chillt man sich durch die Mittagshitze und versucht sich nach aller Möglichkeit nicht zu bewegen. Ich bin auf die Temperaturen eingestellt und komme gut zu recht. Ich freue mich auf den April, da erreichen wir hier Wüsten Temperaturen(45Grad;-) - ich werde berichten. Meine Lieblingspalme, der treue Ventilator und der indische Tee sind gute Mittel um sich mittags ein bisschen hinzulegen.

Hier in meiner Arbeit habe ich grade wirklich spannende Projekte. Ich habe mein bisher größtes Projekt fertiggestellt: Der Bau eines Toilettenhauses. Ich habe also den kompletten Januar und Februar damit verbracht auf der Baustelle rumzuspringen und das ganze zu koordinieren. Es steht;-)
Nebenbei waren die taubstummen Kinder da, die einmal im Monat im Short Stay Camp hier sind und von uns unterrichtet werden. Dazu laufen die anderen Bauprojekte, und Moritz und ich wurden von Mentor David aus Deutschland von unserer Organisation besucht und betreut. Es gab ein großes Evaluation Meeting mit den Direktoren, Mentoren und den TeamKollegen. Das Meeting ist für uns alle sehr positiv ausgefallen.


Nun zu meinem bisher größten Projekt, bei dem ich wirklich die ein oder andere schlaflose Nacht verbracht habe, aber nun endlos glücklich bin, dass es geklappt hat:
Die Geschichte die ich nun erzähle beginnt im September 2011. Srinivas, 36Jahre alt, seit 7 Jahren querschnittsgelähmt, wohnt mit seiner Tochter in ärmsten Verhältnissen in einem kleinen Haus, dass mit der Hilft von Spendern gebaut hat. Srinivas wurde wegen seiner Behinderung von seiner Familie und seine Frau verstoßen, und die beiden haben einen Raum zu Verfügung, in dem geduscht, gekocht und geschlafen wird. Ich betreue Srinivas und seine Tochter seit Beginn meines Dienstes hier, und habe sozusagen eine besondere Beziehung zu diesem Projekt.
Nach mehreren Besuchen war schnell klar, das ein Toilettenhaus her muss, und ich habe mit meinen Kollegen begonnen das Mamut Projekt Toilettenhaus aufzunehmen.
Dabei muss man sagen, dass es im Functional Adaptation Program nicht alleine darum geht, eine Adaptation hinzusetzen. Einbezug von lokalen Freiwilligen, Familie und Nachbarn, sowie die Motivation zum aktiv werden und Hilfe zur Eigenständigkeit sind wichtige Komponenten meiner Arbeit.

Was anfangs noch als sehr einfach erschein, stellte sich für mich als Geduldsprobe heraus. Nicht nur das Entwerfen der Idee und das Konstruieren von Plänen und Ausmessen, sondern auch das Verhandeln mit lokalen Politikern und Nachbarn stand an der Tagesordnung. Somit haben wir ein halbes Jahr wöchentlich damit verbracht, unsere Pläne zu ändern und sie abzugleichen.
Nach meiner Tour durch Indien war es dann endlich soweit, Anfang Januar konnte mit dem Bau begonnen werden.

Die ersten beiden Bilder zeigen Aufnahmen vor Baubeginn. Hier sind die kapputte Rampe, sowie der hintere Teil des Hauses zu sehen. Das Interessante an diesem Bauprojekt ist, das wir die Idee hatten, eine Wand einzureißen und somit mehr Platz im Haus selbst zu haben. Man muss sich immer dessen bewusst werden, dass ein Rollstuhl viel Platz braucht und die Benutzung so angenehm wie möglich erfolgen sollte.


























Der erste Spatenstich fällt. Mitte Januar beginnt das Bauprojekt, und es wird damit begonnen, die Pit auszuheben. Indische Toiletten sind ein halbes Plumsklo, obwohl der Auffangbehälter aus religiösen Gründen einen gewissen Abstand zum Haus haben muss. Hier ist also zu sehen, wie einer der Arbeitet ein Loch aushebt. Es ist inzwischen 6ft tief.

 




Vorbereitung für das Fundament des Hauses

Zu meinen Aufgaben zählt unter anderem auch das Beschaffen das Materiales. Somit war ich damit beschäftigt, mit einem kleinen LKW Steine(groß und klein), Zement, Sand, Rohre, ein Dach aus Stahl, usw zur Baustelle zu transportieren. Daneben beaufsichtige in den Bau und achte auf die genauen Maßeinheiten und helfe ab und zu als Freiwilliger aus.

Hier nimmt das ganze bereits Formen an  

Ende Februar hatte ich das holde Werk vollbracht. Ich hätte hier wirklich gerne ein Bild des vollendeten Toilettenhauses gezeigt, allerdings hat sich die Speicherkarte meiner Kamera aufgehängt. Ein Bild wird bald nachgeliefert. Sorry ;-)
Srinivas und seine Tochter haben also nun die Möglichkeit, barrierefrei vom Haus in ihr Toilettenhaus (Anbau) zu gehen, und dort das tägliche Bad und ihre Toilette zu verrichten. Das Bad haben wir so konstruiert, dass Srinivas auf einer Toilet Seat Commode gleichzeitig auch duschen kann. Es gibt zwei seperate Wasseranschlüsse, die aus dem Haus rechts und links rausführen.

Wie oben gezeigt ist die alte Rampe etwas demoliert. Dort wo die alte Rampe ist, steht nun eine große Plattform mit anschließender Rampe.
Es ist mir immer ein wichtiges Anliegen, die Klienten zur Eigenständigkeit anzuregen und Ihnen eine BEschäftigung zu geben. Im Hinduismus wird die Behinderung meistens so wie sie ist akzeptiert, und man muss dann damit leben. Srinivas hat also von uns auch eine Küchen Adaptation bekommen, die es ihm ermöglicht, Essen zuzubereiten (Gasherd, Spüle) und zu spülen.
Der Bau hat rund 30000 indische Rupien gekostet, teils von Samuha finanziert. Ich habe vor dem Bau lokale Spenden gesammelt, was auch zu meinen Aufgaben gehört. Schon mal ein Toilettenhaus gebaut? Check.



Natürlich durfte ich während des Baus für Srinivas die anderen Klienten nicht aus den Augen verlieren. Adaptations sind nicht nur Rampen, sondern auch Festhaltestangen an Wänden. So habe ich für Senkraya, Locomotor Diasbility, ein Stahlrohr an seiner Hauswand angebracht, um ihm das gehen in seinem Haus zu erleichtern. Senkraya gehört zu meinen Lieblingsklienten, weil er laut singend auf dem Fahrrad durchs Dorf fährt und viel Freude und Motivation versprüht.
Da ist schon die eine oder andere Stunde bei einem Tee vergangen,  bei der wir uns verquatscht haben. Ich muss in meiner Arbeit einfach manchmal um die Ecke denken. Ein Seil über dem Bett kann das alltägliche Leben um einiges verändern.



Auch für Amresh in Hiresindogi war ich aktiv. Amresh, Querschnittslähmung, hat eine Paddle Bar bekommen. Hier kann er stehen und sein Gleichgewicht trainieren. Die Paddle bar ist ebenfalls dazu gedacht ihn aus dem Bett zu kriegen, und ihn dazu zu animieren, tägliche Übungen für seinen Oberkörper zu tun (diesen braucht man um den Rollstuhl gut betätigen zu können).



Und dann ist es schon wieder Abend in Koppal, es war heute echt wieder ganz schön heiß. Nach ein paar schönen Tagen in Bangalore bei einer Freundin freue ich mich auf die Arbeit im März.
Im April und Mai bekommen Moritz und ich dann wieder Besuch. Zunächst kommt einer meiner besten Freunde Malte aus meiner Dortmunder Jazzband nach Indien um mit mir ein bisschen zu reisen. Anschließend kommt meine Mutter mit zwei guten Freunden der Familie.
Im Mai schauen zwei Freunde aus Kalkutta vorbei.



Zum Schluss noch ein Foto von meinem neuen Kollegen Virupaxi
(mit dem ich seit Januar auf dem Motorrad durch die Dörfer fahre):

Virupaxi ist seit 16Jahren der Programmkoordinator der Community Based Rehabilitation und wir haben wirklich eine wahnsinnig schöne,produktive und gute Zeit zusammen. Ich lerne viel von ihm. Er hat wirklich ein gutes Händchen dafür, mir mit viel Humor viel beizubringen und hat viel Spaß dabei, auf dem Motorrad mit ganzer Leibesseele indische Bollywood Lieder zu singen. Ach, Indien.


Das wars mal wieder vom anderen Ende der Welt.
Bei Fragen oder der einfach Interesse mir etwas zu schreiben könnt ihr euch gerne bei oschmann-florian@web.de melden!



Ein herzliches Namasté wünscht Euch,
euer deutscher Inder Ravi (das ist übrigens mein Name hier in Indien.....)