Ich sitze nicht mehr auf meinem Campus, sondern an meinem Schreibtisch
in Dortmund. Statt das Brummen eines Ventilators zu hören und auf dem Campus in
Koppal zu sitzen, schaue ich auf den grünen Innenhof und genieße einen leckeren
Pfefferminztee.
In diesem Bericht möchte ich
meinen Freiwilligendienst ein bisschen abschließen, und letzte Dinge über den
Dienst aufschreiben. Alles andere ist natürlich in meinen Gedanken und meinem
Kopf, aber es folgt nun eine neue spannende Lebensphase, die es auch
vorzubereiten und zu leben gilt.
Nach einem Jahr Indien, leben
und arbeiten im südlichen Indien, betrete ich morgens am 1.August den deutschen
Boden, und werde von Familie und Freunden begrüßt. Was passiert mit mir? Wo bin
ich? Ich hänge zwischen der Luft und weiß erst mal gar nicht wo ich bin.
Es ist wahnsinnig schön
wieder da zu sein, aber trotzdem weiß ich nicht ganz wie mir geschieht als ich
im Auto sitze und bei schönstem Wetter nach Hause fahre.
Ich kann sagen, dass der
Abschied von meiner Organisation und meinen Freunden sehr mild und angenehm
war. Es war zwar durchaus bewusst, dass ich jetzt wieder nach hause fahre, aber
eigentlich hat es sich angefühlt als würde ich nach dem Wochenende
wiederkommen. Ich merke im Moment, dass es wie anfangs gedacht schwierig ist,
engen und regelmäßigen Kontakt zu den Freunden und zur Partnerorganisation zu
bekommen, weil ich doch sehr damit beschäftigt bin mein Leben in Deutschland
neu zu ordnen. Aber es macht Spaß, jetzt die Weichen neu zu stellen.
„Wie war es in Indien?“ Es
ist natürlich klar, dass man in vielen Alltagssituationen diese Frage hört,
aber ich antworte gerne darauf. Meine Antwort ist meistens „Die beste Erfahrung
meines Lebens“. Man merkt dann schon, wer genauer nachfragt oder es dabei
belässt.
Immer wenn ich in den Medien
oder auf der Straße Inder oder Inderinnen sehe, oder mit Indien in Berührung
komme, ein Lächeln auf dem Gesicht habe, und daran denke, wie ich es erlebt
habe. Es ist nämlich so, dass ich nun ein bisschen mehr über dieses verrückte
große Land weiß.
Ich habe Indien mit all
seinen guten und schlechten Seiten und vor allem den ganzen liebenswerten
Menschen tief in mein Herz geschlossen, und würde mich manchmal gerne für einen
Tag nach Bengalore oder nach Koppal beamen.
Ich glaube es ist schwer zu
erklären, was ich in diesem langen Jahr alles gelernt habe. Ich glaube ich habe
in diesem Jahr am meisten über mich selbst gelernt. Ich habe mich selbst aus
einer ganz anderen Perspektive gesehen und neu kennen gelernt. Viele Dinge, die
mir die Inder beigebracht haben, werde ich erst später sehen und davon
profitieren. Auf jeden Fall habe ich gelernt, eine innere Ruhe zu finden und ab
und zu ein bisschen das Leben und Situationen mit Ruhe zu bewerten und zu leben
(Reisepartner Moritz würde wahrscheinlich jetzt Gegenwände einbringen, aber ich
glaube ich bin auf einem ganz guten Weg). Neu hinzugelernt habe ich mit
Sicherheit flexibel zu denken und meine deutsche Pünktlichkeit in manchen
Situationen wegzulassen.
Ich weiß, dass die Arbeit in
Indien mit den Kollegen und den Klienten und ich als deutscher Kollege nicht
immer die einfachste war, aber ich denke das wir dort unten viel gemeinsam
bewegt und erreicht haben.
Ich kann an die Momente
erinnern, wenn wir nach wochenlangen Anstrengungen mit einem Klienten oder
einem Dorf einen Durchbruch hatten, und weiterkamen. Meine Arbeit war teilweise
wie ein steiler harter Berg. Zunächst muss man ansteigen, und es wird, je höher
man steigt, steiler und schwieriger. Aber es gibt irgendwann einen Punkt, an
dem man oben angelangt ist und entspannt absteigen kann.
Diejenigen, die meine anderen
Berichte gelesen und meinen Blog verfolgt haben wissen, dass ich sehr für mein
Projekt und meine Partnerorganisation, sowie für die Kollegen vor Ort
geschwärmt habe. Der ganz klare Vorteil ist die jahrelange Erfahrung, die SAMUHA
mit Freiwilligen hat und anwendet. Man spürt eine konstante Wärme und
Herzlichkeit, und fühlt sich bei seinen Kollegen und Freunden immer
aufgenommen.
Als ich letztens einen
Vortrag über Indien gehalten habe kam es mir mittendrin doch komisch oder skurril
vor, dass ich als Deutscher völlig normal ein Jahr unter vielen Indern gelebt
habe und sehr schnell (zumindest auf dem Campus) ganz normales Mitglied des
Campuses war.
Da ich bei Samuha wirklich
eine so tolle Zeit hatte, gibt es für mich eigentlich keine Nachteile in diesem
Projekt. Man muss hier allerdings anfügen, dass man als vollwertiges Mitglied
des Teams angesehen wird und somit auf dem Campus und im Dorf auch viel
Verantwortung trägt. Dies hat mich jedoch immer angespornt, gut zu arbeiten und
besser zu werden. Wie bereits angekündigt, hatte ich ein Team und vor allem
einen Chef um mich herum, dass/der mich stets gefördert und unterstützt hat.
Diesbezüglich gab es für den Freiwilligen ein eigenes Projekt und ich war stets
gut ausgelastet.
Ich denke, dass das
Functional Adaptation Projekt ohne Moritz und mich nicht in dem Maße möglich
gewesen wäre, wie wir es durchgeführt haben. Ich denke wir können hier von
einem beidseitigen Nutzen sprechen. SAMUHA war froh, dass sie Freiwillige haben
und haben werden, die sich um ein Projekt kümmern, das sozusagen ein Bonbon zu
den anderen Projekten ist. Ich wiederum bin froh, dass ich die Möglichkeit
habe, in diesem Projekt meine Fähigkeiten zu erweitern und viel dazu zu lernen.
Gleichzeitig habe ich immer
das Gefühl gehabt, mit meiner Entsendeorganisation SCI in Deutschland eine
seriöse und gute Organisation ausgewählt zu haben, die mich vor, während, und
nach meinem Dienst begleitet hat. Ich denke, dass die Betreuung vom SCI nicht
normal, sondern ausgezeichnet war und ist.
Auch mein Reisepartner
Moritz, mit dem ich vieles in diesem Jahr erlebt und gemeinsam getan habe ist
ein guter Freund fürs Leben geworden, mit dem ich hoffentlich noch das ein oder
andere mal nach Indien oder in die weite Welt reise.
Ich möchte nun abschließend
zwei Jahre in die Vergangenheit gehen. Der Gedanke, einen Freiwilligendienst im
Ausland zu leisten entstand in der 12.Klasse. Mit welchen Einstellungen und
Gedanken habe ich mich dazu entschieden diesen Dienst zu leisten? Was davon ist
eingetreten?
Ich schrieb also in der
Bewerbung folgendes:
„Ich möchte an dieser Stelle
zum Ausdruck bringen, dass ich mich ernsthaft für den Dienst im Ausland
interessiere, und ich mir in meiner Entscheidung sicher bin. Die oben stehenden
Ausführungen sind meine Überzeugung. Es ist ein großer Wunsch von mir, für ein
Jahr wegzugehen, und mit einem kleinen Teil dafür zu sorgen, dass die Welt, in
der wir leben, ein bisschen besser wird. Ich bin bereit, auf den Lebensstandard
in Deutschland für ein Jahr zu verzichten, und mich der dortigen Kultur
anzupassen. Ich möchte meinen Horizont erweitern, und meine Perspektive
wechseln.“
Ich glaube, dass meine
Erwartungen und Wünsche an ein Auslandsjahr mehr als übertroffen wurden.
Ich hoffe, dass ich durch
meine Arbeit das Leben von fünfzehn Klienten ein bisschen unabhängiger machen
konnte. Was ich wirklich tun konnte und was von meiner Arbeit nachhaltig war
werde ich sehen, wenn ich das nächste Mal bei SAMUHA zu Besuch bin.
Wenn ich bedenke, dass ich
mir dieses Auslandjahr vom Schreibtisch aus organisiert habe, ist es
erstaunlich, dass wirklich alles so funktioniert hat wie ich es mir vorgestellt
habe.
Und wie geht es weiter?
Ich beginne, wie bereits
erwähnt, im Oktober mit meinem Grundschullehramtsstudium in Würzburg, und freue
mich wirklich sehr darauf. Ich freue mich auf eine lange Freundschaft zur SCI
Familie und zur ehrenamtlichen Arbeit in den verschiedenen SCI AGs und Gruppen.
Wie genau sich diese gestaltet werde ich sehen, wenn ich in Würzburg angekommen
bin. Dieses Abenteuer im exotischen Asien hat mich dazu angeregt, demnächst
weitere Reisen in exotische Reisen z.B. nach Südostasien, Osteuropa, Südafrika
oder Israel zu machen.
Ich möchte an dieser Stelle
allen Menschen danken, sowohl Freunden, Familie und Bekannten, die mir dies
möglich gemacht haben und mich in meinem Weg unterstützt und begleitet haben.
Ich bin froh, dass ich damals den Mut hatte diesen Schritt im Leben zu gehen.
Und wenn ich demnächst mal
wieder einen Bericht über Indien im Fernsehen sehe, dann schließe ich meine
Augen, und spüre das Gefühl und die Spiritualität, die Magie, die durch dieses
Land zieht.
Ich höre den Muezzin, der
abends in Koppal zum Gebet ruft, ich rieche den aufgewirbelten Staub, der sich
abends in den Straßen niederlässt, ich sehe den indischen herzlichen
Teeverkäufer der mir mit einem tiefen Lächeln seinen Tee verkauft, und den
Rikshaw Fahrer, der mich ans andere Ende von Bengalore bringt.
Was und wie diese Magie
Indiens ist, und was diese Magie mit einem selbst macht, kann ich nicht
beschreiben, ich kann nur jedem selbst wärmstens ans Herz legen, selber in den
Flieger zu steigen, und Indien:
Zu erleben ….
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen